Zoo Karlsruhe - Nachdem in Interviews des Zoodezernenten und Bürgermeisters Michael Obert weitere nicht zutreffene Informationen verbreitet werden, stellt Elefanten-Schutz Europa diese auf der Homepage erneut richtig.
Auf Ka-news.de nimmt Zoodezernent und Bürgermeister Michael Obert Stellung zu einigen der Probleme, die Elefanten-Schutz Europa im Fall der Übernahme von „Louise“ und „Astra“ aus Berlin sieht. http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Karlsruhe~/Gnadenhof-fuer-Elefanten-Wird-der- Karlsruher-Zoo-den-alten-Tieren-gerecht;art6066,1550437
Seine Stellungnahme hat den Bedenken unseres Vereins inhaltlich nichts entgegenzusetzen, sondern versucht, von den eigentlichen Problemen abzulenken:
1. Zunächst entbehrt die Behauptung, die Berliner Elefantinnen seien „Elefanten-Seniorinnen“ und würden deshalb bereits einen geringen Bewegungsbedarf haben, jeglicher Grundlage.
Mit 35 bzw. 42 Jahren sind die beiden Kühe gerade einmal in der Mitte des Lebenszyklus einer Tierart, die deutlich über 60 Jahre alt werden kann. Elefantenkühe gebären zwar sehr jung die ersten Kälber, bekommen dann aber bis weit über 50 Jahre noch erfolgreich Nachwuchs – sofern sie als Jugendliche anfangen zu züchten. Und genau das ist das Problem bei „Astra“, Louise“ und anderen so genannten „Seniorinnen“: Sie konnten im Zoo nicht rechtzeitig zur Fortpflanzung gebracht werden und werden nun niemals züchten. Korrekt wäre zu erklären, die Zoogemeinschaft benötigt Aufnahmeplätze für nicht züchtende Weibchen, statt publikumswirksam Tiere im besten Alter zu „Seniorinnen“ zu erklären.
„Louise“ und „Astra“ sind beide fit wie ein Turnschuh und bewegen sich genauso viel wie andere gesunde Elefanten zwischen 15 und 50.
2. Es ist hanebüchen zu behaupten, die Berliner Elefanten müssten getötet werden, wenn Karlsruhe sie nicht übernähme. Der Tierpark Berlin gibt die Elefanten nicht ab, weil sie dort nicht mehr gehalten werden können. Seit 2003 werden dort sieben erwachsene Asiatische Elefanten zzgl. Jungtieren gehalten. Die Abgabe ist vorgesehen, um den verbleibenden Dickhäutern mehr Platz zur Verfügung zu stellen und ihnen entsprechend zeitgemäßem Verständnis bessere Haltungsbedingungen zu bieten. kennt keine Aussage aus dem Tierpark Berlin, dass „Astra“ und „Louise“ im Falle eines Scheiterns des Transfers nach Karlsruhe die Euthanasie droht! Wenn Herr Bürgermeister Obert entsprechende Informationen hat, möge er sie offenlegen bzw. den Tierpark Berlin um eine entsprechende Bestätigung zur Information der Medien bitten.
3. Karlsruhe hat offenbar ein anderes Verständnis von der „Verbesserung der Haltungsbedingungen“. Die als ehrenwert vermarkteten Ziele des Transfers werden schon deswegen ad absurdum geführt, weil anschließend der Zoo Karlsruhe auf 1.700 m2 mit fünf erwachsenen Elefanten genauso viele Tiere halten würde wie der Abgabezoo Tierpark Berlin, doch dessen Anlage misst 3.500 m2. Dort hätten die fünf erwachsenen Elefanten dann mehr als doppelt so viel Fläche zur Verfügung wie die gleiche Anzahl in Karlsruhe, absolut gesehen und
von der Fläche je Einzeltier.
4. Gehegeflächen müssen nicht nur Bewegung ermöglichen, sondern bei sozial lebenden Tieren vor allem auch ein konfliktfreies Zusammenleben und sich-aus-dem-Weg-gehen. Die Fläche des Karlsruher Geheges ist vor allem deswegen völlig unzureichend für fünf Elefanten, weil diese keinerlei soziale Bindungen zueinander haben und nach Stand der Wissenschaft auch keine solche aufbauen werden. Stress und Konflikte wären also vorprogrammiert. Leider sind Amtstierärzte selten Elefantenspezialisten und orientieren sich oft an den Einschätzungen der vermeintlich fachkundigen Elefantenhalter. Falls sich der zuständige Amtsveterinär nicht einmal an den geltenden Haltungsvorgaben orientiert, bestätigt sich diese Vermutung.
5. Die Entscheidung, dass nur „Louise“ und „Astra“ nach Karlsruhe „passen“, hat nichts mit deren Charakter zu tun, sondern damit, dass die dritte Kuh „Frosja“ nicht „brav“ genug ist, um in den Karlsruher Zoo geholt zu werden. Aufgrund der ignoranten Einstellung der Karlsruher Zooleitung während der Umbaumaßnahmen am Elefantenhaus vor drei Jahren hat der Zoo es versäumt, die Tore von Elefantenhaus und Anlage beim Umbau gleich auf Bedienung ohne direkten Pflegerkontakt umzurüsten. Diese kurzsichtige Entscheidung entgegen aller Ratschläge rächt sich nun: Die Beherrschung von „Frosja“ traut man sich in Karlsruhe – zu Recht – nicht zu, denn diese Kuh hat bereits Pfleger verletzt; von den nicht zuchtfähigen Berliner Kühen sind allein „Louise“ und „Astra“ bisher „brav“ genug gewesen. Das ist der Grund, weshalb nur sie „passen“ – deren Charaktere, Freundschaften und Abneigungen waren dabei völlig unerheblich. „Louise“ hat aber sehr enge Bindungen an „Frosja“ und dürfte nur gemeinsam mit dieser übernommen werden, nicht jedoch mit „Astra“. „Louise ist immer wieder gegen „Astra“ aggressiv. Wären deren Charaktere für die Transferentscheidung ausschlaggebend gewesen hätte die Entscheidung lauten müssen: Entweder „Louise“ und „Frosja“ gemeinsam oder keines der Berliner Weibchen!
Genau hierin zeigt sich, wie weit die Verantwortlichen im Zoologischen Garten Karlsruhe von einer zeitgemäßen Einstellung zu moderner Elefantenhaltung entfernt sind. Zeitgemäße Elefantenhaltung beginnt im Kopf, nicht bei der Fläche. Elefanten zählen neben Delfinen und Menschenaffen zu den intelligentesten und sozial am kompliziertesten organisierten Zootieren. Dass in Karlsruhe die Bedeutung sozialer Bindungen wie zwischen „Louise“ und „Frosja“ ignoriert und negiert wird, bloß um den eigenen Elefantenbestand rechtzeitig zum Zoojubiläum aufstocken zu können, ist bezeichnend – kein an einem modernen Haltungskonzept interessierter Zoo würde so handeln.
Zoodezernent und Bürgermeister Obert ist kein Elefantenfachmann, das ist auch nicht seine Aufgabe. Doch solange die verantwortlichen Politiker ihre Informationen nur auf Basis der persönlichen Vorlieben im Karlsruher Elefantenhaus beziehen, ist die Entwicklung eines zeitgemäßen Zookonzepts in weiter Ferne.